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Das Bewusstsein für nachhaltige Geldanlagen wächst nicht nur bei Fachinvestoren, sondern auch bei der allgemeinen Bevölkerung und Kleinanlegern, die ihr Kapital positiv und sozial einsetzen möchten. In diesem Zusammenhang ist in Deutschland inzwischen auch der Begriff des „Impact Investings“ angekommen. Ein Ansatz, bei dem nicht allein die Rendite über ein Investment entscheidet, sondern der Fokus vor allem auch auf den daraus resultierenden ökologischen und sozialen Impulsen liegt. Impact Investing hat keine allgemeingültige Definition. Es gibt allerdings in jedem Ansatz die Gemeinsamkeit, dass nicht allein die Rendite im Vordergrund steht und die resultierende Wirkung des Investments messbar sein soll. Ein Definitionsvorschlag der Bundesinitiative für Impact Investing lautet: „Ein Investmentansatz, der über die reine Orientierung an Rendite und Risiko hinausgeht. Positive soziale und/oder ökologische Wirkungen sollen möglichst direkt, intendiert und nachweisbar sein. Es geht […] um eine messbare positive gesellschaftliche und/oder ökologische Wirkung.“  In der Finanzbranche ist Impact Investing bereits ein viel diskutiertes Thema. Nicht zuletzt, da im Zuge des globalen Nachhaltigkeitstrends gesetzliche Regulierungen, wie zum Beispiel die EU-Taxonomie, zunehmen und somit auch soziale und nachhaltige Anlagekriterien vorgegeben werden. Folglich verpflichten sich auch Unternehmen oft selbst zu Nachhaltigkeitszielen und Auflagen, um beispielsweise im Rahmen der ESG-Kriterien ethische und nachhaltige Wertvorstellungen der Anleger zu berücksichtigen. Der Immobilienbranche kommt mit ihrer besonderen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung sowie dem hohen Einfluss auf Klimaschutz und die globale Nachhaltigkeitsagenda eine spezielle Verantwortung zu. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist es erforderlich bereits in den frühen Phasen, in denen Kosten und Qualitäten noch entscheidend beeinflusst werden können, anzusetzen. Dass dabei der vermeintliche Spagat einer sowohl renditeorientierten aber auch nachhaltigen Quartiersentwicklung gemeistert werden kann, möchten wir am Beispiel des Lilienthalquartiers am Forschungsflughafen Braunschweig aufzeigen. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Braunschweig und dem Architekturbüro Rüdiger, hat die Volksbank BraWo Projekt GmbH im Jahr 2013 die Idee des Lilienthalquartiers am Forschungsflughafen Braunschweig ins Leben gerufen. Der Forschungsflughafen Braunschweig ist einer der innovativsten Wirtschafts- und Wissenschaftscluster Europas. Die Verbindung von Forschung, Wissenschaft, Unternehmen und Bundesbehörden aus den Bereichen Luft- ,Raumfahrt und Mobilität schafft für alle Beteiligten einzigartige Entwicklungsmöglichkeiten. Durch die zentrale Lage des Standorts mit direkter Anbindung an den Flughafen und die Autobahn A2 gewinnt der Standort an internationaler Bedeutung und gilt als Forschungshotspot Deutschlands. Aufgrund der am Standort vorherrschenden Nachkriegszeitbebauung ist die Nachfrage an modernen Büroflächen hier sehr hoch. Eine umfangreiche und detaillierte Markt- und Standortanalyse stellte heraus, was dem Standort jedoch insbesondere fehlte: Ein wahrnehmbares und repräsentatives Zentrum, welches die Innovationskraft des Standorts und die Qualität der ansässigen Unternehmen wiederspiegelt. Aus dem ursprünglichen Ansatz, moderne Büroflächen zu errichten, entwickelte sich sukzessive eine umfangreiche Quartiersentwicklung, geprägt von kurzen Wegen, vernetztem Arbeiten sowie Raum für Kreativität, Innovationen und Technologie. Ganz im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung wurden somit die Weichen für eine langfristige Standortaufwertung und Entwicklungsimpulse für das weitere wirtschaftliche Wachstum gestellt. 

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1- Flughafen Braunschweig-Wolfsburg/ Forschungsflughafen 2011

Als architektonisches und technisches Highlight sowie repräsentatives Zentrum des Quartiers wurde 2016 das Lilienthalhaus I eröffnet und somit der erste Schritt in der Quartiersentwicklung abgeschlossen. Das Lilienthalhaus I ergänzt den Forschungsflughafen neben hochmodernen und flexiblen Büroflächen insbesondere auch um hochwertige Veranstaltungsflächen und eine zusätzliche Gastronomie. Möglichkeiten, Veranstaltungen und Tagungen in Kombination mit einer gastronomischen Versorgung durchzuführen, stellen dabei essentielle Bestandteile einer langfristig orientierten Entwicklung dar, wovon der gesamte Standort profitiert. Im Zuge einer starken Fokussierung auf die frühen Planungsphasen wurde ein nachhaltiger und ressourcensparender Gebäudeentwurf erstellt und in einer DGNB-Gold Zertifizierung umgesetzt. So spart allein die Folienkissenüberdachung 40 Tonnen an Gewicht und Material im Vergleich zu einer herkömmlichen Glasdachkonstruktion ein. Unter weiterer Berücksichtigung der elektrisch-tönbaren Fensterflächen beträgt die Einsparung der CO2-Emissionen 94 Tonnen im Betrachtungszeitraum von 50 Jahren. Durch den Einsatz energieeffizienter und nachhaltiger Technologien können zudem die Nebenkosten vergleichsweise geringgehalten und die Mieten somit auf einem fairen Niveau vereinbart werden. Um im Sinne des Impact Investings nachhaltig agieren zu können und dennoch Renditen zu erzielen und Werte zu schaffen, ist neben der Projektentwicklung auch ein langfristiges Asset Management gefragt. Diesem Leitgedanken folgend, trägt die Volksbank BraWo als Eigentümerin des Lilienthalhaus I dazu bei, den Forschungsflughafen auch weiterhin aufzuwerten und die notwendige Infrastruktur aufzubereiten. So wurde in einem ÖPP-Model in 2018 ein Forschungs-Parkhaus für das Quartier errichtet, sodass die Stellplatzsituation am Standort neu geordnet werden konnte und folglich weitere städtebaulich notwendige Maßnahmen, wie die komplette Neugestaltung des Lilienthalplatzes im Jahr 2019, erfolgen konnten.  Es lässt sich festhalten, dass bei der Entwicklung des Lilienthalquartiers diverse Ansätze des Impact Investings angewandt werden. So steht nicht allein der wirtschaftliche Erfolg der einzelnen Projekte im Vordergrund, sondern ebenso die sozialen und ökologischen Auswirkungen auf die gesamte Region. In besonderem Maße ist der Einfluss des Lilienthalhaus I als erster Entwicklungsimpuls herauszustellen, welcher weitere Investitionen auch städtischer und dritter Parteien anregt und somit zur gesamten Quartiersentwicklung beiträgt.

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2- Aktueller Stand des Lilienthalquartiers (04.2020) Mit neugestaltetem Lilienthalplatz, Lilienthalhaus I und Forschungsparkhaus [Bildquelle: messWERK GmbH]

Ein Messverfahren im klassischen Sinne gibt es für den Erfolg eines Impact Investing Projektes (noch) nicht. Dennoch können Projektentwickler und Bauherren Ihren Einfluss anhand bestimmter Kennzahlen sichtbar machen. In unserem Beispiel sind es die sehr gute Vermietungsquote, die Anzahl neu entstandener Arbeitsplätze sowie die Annahme und Resonanz der Veranstaltungsflächen. Auch die anhaltend steigende Nachfrage nach weiteren Mietflächen zeugt von einer positiven Entwicklung. So wird die Quartiersentwicklung durch das Lilienthalhaus II aktuell und durch weitere Lilienthalhäuser in den kommenden Jahren fortgeführt. Ein Kennwert, der den Erfolg des Investments neuerdings am deutlichsten zeigt ist die Entwicklung des Bodenrichtwerts. Seit Entwicklung des Lilienthalhaus I hat sich der Bodenrichtwert am Standort Forschungsflughafen um das Dreifache erhöht. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Projektentwickler nicht nur die Rendite eines Projekts betrachten sollten. Vielmehr geht es darum, das Potential eines Standorts zu erkennen und die langfristige Entwicklung im Auge zu behalten. Hierzu sind enge Abstimmungen mit der Stadt, Wirtschaftsförderungen sowie den Mietern hilfreich. 

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3- Zukunftsperspektive des Lilienthalquartiers [Bildquelle: cube Visualisierungen, ARCHITEKTENRÜDIGER]